» Das duale Studium erscheint zunächst sehr gerafft. Es ist anspruchsvoll im Workload, doch mit guter Planung und Zeitmanagement sehr machbar. «
Welche Erinnerungen verbinden Sie mit Ihrem Studium an der Studienakademie in Breitenbrunn?
Die Studienakademie Breitenbrunn ist für mich ein Melting Pot bestehend aus Persönlichkeiten aus Dörfern, Kleinstädten, Metropolen aus allen Ecken in Deutschland. Als eine Person, die in Leipzig aufgewachsen ist, war das definitiv eine intensive Erfahrung in vielfältiger Hinsicht.
Zurückblickend empfinde ich meine persönliche Erfahrung in Breitenbrunn als eine Art Feldexperiment: eine große Gruppe von verschiedenen Personen mit unterschiedlicher Herkunftsgeschichte findet sich an einem Ort, mit einer gemeinsamen Variabel: dem Studium.
Aber was diese "Gruppe" in den drei Jahren Studium alles organisiert und herausgeholt haben, hat meine Erwartungen übertroffen. Ich habe größtenteils positive Erinnerungen an fantastische Festlichkeiten, vielfältige Sportaktivitäten, eindrucksvolle Präsentationen, initiierte Spendenkampagnen u.n.v.m
Wie ging es nach dem Studium weiter?
Nach drei Jahren intensives Studieren, habe ich mich gegen eine Festanstellung entschieden und bin für eine Horizonterweiterung ins Ausland. Zwei Tage nach der Zeugnisausgabe saß ich im Flugzeug auf dem Weg in die USA. Die Idee war es für nur 1-2 Jahre zu reisen, mein Englisch zu festigen und dann mit einem neuen Skill-Set mich in Deutschland für hochqualifizierte Arbeitsstellen zu bewerben.
Das Leben hatte andere Pläne. Ich wohne jetzt seit fast 5 Jahren in den Vereinigten Staaten, bin mittlerweile immigriert und immer noch "auf der Suche” nach meinem Platz.
Wenn Sie Leute fragen, was Sie beruflich machen, was antworten Sie dann?
Aufgrund von langwierigen Einwanderungsprozessen war es mir bis vor kurzem für eine längere Zeit nicht gestattet, mich am amerikanischen Arbeitsmarkt zu beteiligen. Während dieser Zeit arbeitete ich ehrenamtlich unter einem Kunstprogramm für Kinder für ein Schulbezirk, welches sechs Grundschulen umfasste. Diese Tätigkeit werde ich weiterführen.
Momentan befinde ich mich (erneut!) in einer Phase der (Neu-)Orientierung.
Ich habe mir natürlich Stellen im Sozialbereich angeschaut, auch wenn ich für alle anderen Branchen und Tätigkeiten offen bin. Aktuell wurde jetzt eine Stelle als Grundschullehrerin angeboten trotz der offensichtlichen Bedenken und fehlenden Ausbildung, die ich geäußert habe. Mir wurde aber ein großes Vertrauen, Tools und Unterstützung der ArbeitgeberInnen zugesprochen, weshalb ich mich dieser neuen Aufgabe und Herausforderung stellen werde. Ich lasse mich überraschen.
Welche Aufgaben haben Sie heute bei Ihrer beruflichen Tätigkeit zu bewältigen?
Das Ehrenamts-Programm in dem ich tätig bin, bietet den Kindern Kunstunterricht an, welches von hauptsächlich EhrenamtlerInnen gelehrt wird.
Kunsterziehung, wie es in Deutschland praktiziert wird, ist nicht im regulären Lehrplan verankert. 1970 hat sich ein Kreis an Eltern zusammengeschlossen, und ein Curriculum erstellt, mit der Zielstellung, den Kindern einen Zugang zu Kunsterziehung zu ermöglichen.
Das Curriculum umfasst um die 50 Unterrichtseinheiten, ausgearbeitet und angepasst an die Klassenstufe. Meine Hauptaufgabe besteht als daraus, mich mit den Inhalten zu befassen, diese so aufzubereiten, dass ich diese den Kindern vermitteln kann.
Gab es in Ihren Leben Menschen, die Sie, auf Ihre berufliche Laufbahn bezogen, besonders geprägt haben?
Ich kann eine lange Liste an Personen aufzählen, die mich auf irgendeiner Weise in meinem beruflichen Laufbahn geprägt haben.
Unter ihnen sind KollegInnen, KommilitonInnen, ehemalige LehrerInnen und MentorInnen aus Deutschland, die mich in meiner Entscheidung ins Ausland zu gehen, unterstützt und mir gut zugesprochen haben.
Und jetzt, in der Phase meine (Neu)-orientierung, sind es auf jeden Fall meine Familie, mein Ehemann und die Familie, die ich mit ihm dazu gewonnen habe; FreundInnen, die auf der ganzen Welt verteilt sind und das Netzwerk, welches ich mir in den letzten Jahren aufgebaut habe.
Generell bin ich sehr dankbar, dass ich von so Menschen umgeben bin, die mir das Gefühl geben, dass ich alles schaffen kann, was ich mir vornehme und dass kein Traum zu groß ist.
Was in Ihrer Zeit in Breitenbrunn hat Sie auf das Berufsleben vorbereitet?
Wenn ich etwas hervorheben würde, dann wäre es die Zusammenarbeit mit anderen Mitmenschen. Jeder hat etwas beizutragen und von jedem kann man etwas lernen. Man muss sich nur die Zeit nehmen das Potential zu erkennen und diese im Prozess einordnen zu können. Das klingt wahrscheinlich sehr banal, aber ich habe so viel gelernt, in dem ich KommilitonInnen bei den Diskussionen oder Prüfungsvorbereitungen geholfen und Wissen geteilt habe, aber auch, wenn ich einfach zugehört habe.
Am Ende geht jeder alleine in die Prüfung. Aber man kann sich die stressige Zeit davor schöner gestalten, indem man sich gegenseitig empowered, miteinander fiebert und sich für den anderen freut. Die Leistung des anderen hat keinen Einfluss auf seine eigenen. Und dieses Mindset wird einem im späteren Berufsleben wieder begegnen.
Welche Vor- und Nachteile sehen Sie im dualen Studium?
Vorteile:
- Praxisnähe
- Theorie-Praxis Bezug und ihre Diskrepanz erkennen
- gute Übernahmechancen
- kleine Studiengruppen
- Festes Gehalt
Nachteile:
- Kaum Vorbereitung auf eine wissenschaftliche Laufbahn bzw. diese nur Eigeninitiative erreichbar (bspw. Auseinandersetzung in der Phase der Bachelor-Thesis oder anschließendes Master Studium etc.)
- hohe Arbeitsbelastung
- festgelegtes Gehalt, keine Zeit und Möglichkeit einen Nebenjob zu haben, um darauf aufzustocken, falls dieses gering ist
- Festgelegte Zahl and Urlaubstagen statt Semesterferien
- Finanzierung von 2 Wohnsitzen, wenn Berufsakademie und Praxispartner sich an verschiedenen Orten befinden.
Was raten Sie den heutigen Studierenden im Hinblick auf das Studium und die Berufswahl?
Das duale Studium Programm erscheint zunächst sehr gerafft. Es ist anspruchsvoll
im Workload, doch mit guter Planung und Zeitmanagement sehr machbar. Genießt den Prozess und nehmt alles mit, saugt alles auf. Aber passt auch auf eure mentale Gesundheit auf, holt euch Verschnaufpausen ein, geht zum STUK und habt eine tolle Zeit mit den KommilitonInnen.
In Bezug auf die Berufswahl, kann ich euch nur ermutigen. Während des Studiums, als auch bei der Arbeit in der Praxis, eignet ihr euch ein umfassendes Wissen und Skill-Set an, die ihr auf alle möglichen Bereiche ummünzen und anwenden könnt.
Nichts ist in Stein gemeißelt, wenn sich euch eine Opportunität eröffnet, schließt diese nicht gleich für euch aus, indem ihr euch auf einem Abschluss mit Label XY beschränkt.
Geht den Weg, der sich für den Moment am besten anfühlt. Und lasst euch überraschen.
Was können Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Es gibt nicht nur den einen Weg: Der erste Schrie ist der Schwerste. Danach kommt einer nach den anderen.
Kein Traum ist zu groß.
Vertraue dem Prozess und deinen Fähigkeit en.
Fragen kostet nichts: Seid neugierig. Es ist okay nicht alles zu wissen.
Den Mutigen gehört die Welt: Seid mutig, geht die extra Meile, auch wenn es unangenehm ist, es lohnt sich. Verschließt eure Augen nicht, schaut durch mehrere Türen, haltet euch einige offen.